Henrike Quest 01.03.2019
Als ich den Klassenraum der siebten Klasse der Primary School St. Mauritz Obiya Palaro betrete, verstummen die Gespräche der 46 ugandischen Mädchen und Jungen plötzlich, die Blicke richten sich interessiert und erwartungsvoll auf mich. Es ist selten, dass eine Mzungu (eine Weiße) auftaucht und den Unterricht übernimmt. Auch für mich ist die Situation ungewohnt, vor lauter Schülern*innen sehe ich kaum den Boden des Klassenraumes – und ich habe noch Glück, die 7. Klasse ist eine der kleinen Klassen der Schule. In anderen Klassen sitzen teilweise bis zu 100 Schüler*innen gedrängt auf Schulbänken, wie wir sie aus dem Museum kennen…
Meine Name ist Henrike Quest, ich bin Lehrerin am Annette-Gymnasium Münster und unterrichte dort Mathematik und Pädagogik. Als ich mich vor einigen Jahren dazu entschieden habe im Schuljahr 2018/19 ein Sabbatjahr zu machen, wusste ich, dass ich die Welt bereisen und entdecken möchte. Auch das Ziel Ostafrika stand bereits früh fest, denn ich selber habe nach dem Abitur in einem Kinderhilfsprojekt in Kenia gearbeitet und wollte den Ort, der mich nachhaltig geprägt hat, unbedingt wieder besuchen. Was ich noch nicht wusste, dass ich die Gelegenheit haben würde das neue Partnerprojekt unserer Schule in Uganda zu besuchen, hier arbeiten und leben zu können und für knapp einen Monat Teil dieses besonderen Ortes zu sein. Ein glücklicher Zufall.
Schon am ersten Tag lerne ich die unterschiedlichen Bereiche dieses vielseitigen Projektes kennen, besuche die Primarschule, die Vorschule, das Krankenhaus und das Weiterbildungszentrum. In meiner Zeit in St. Mauritz engagiere ich mich unter anderem für Flüchtlingskinder aus dem Südsudan, unterstütze die Vorschule als Integrationskraft und arbeite mit der 7. Klasse der Primary School zusammen an dem Projekt „7a trifft class 7“.
Zusammen mit Frau Kleine, Erdkundelehrerin der 7a, hatte ich eine Vision: Ein Kulturaustausch zwischen dem Annette-Gymnasium und der Primary School in Obiya Palaro – trotz der knapp 6000km, die zwischen den beiden Schulen liegen. Unsere Schüler*innen waren begeistert von der Idee mehr über das jeweils andere Land, die Menschen und die Kultur zu erfahren.
Die Siebtklässler*innen in St. Mauritz Obiya Palaro interessierte vor allem das Klima, der Tourismus und die Politik in Deutschland sowie der Alltag am Annette-Gymnasium. Die Schüler*innen der 7a wollten mehr über traditionelle Lieder und typisches Essen in Uganda erfahren und waren neugierig, wie ein ganz normaler Schultag in St. Mauritz aussieht. Beantwortet haben sich die Schüler*innen die Fragen über das bisher noch so fremde Land per Videobotschaften, die sie in kleinen Gruppen vorbereitet und kreativ umgetzt haben.
Das krönende Highlight des Projektes sollte die Präsentation der Videobotschaften werden. Da die Primary School in Obiya Palaro keinen Stromanschluss hat, wurde die Präsentation kurzerhand in die Multifunktionshalle der Gemeinde verlegt, in der am Wochenende die Messen gehalten werden. Dort versammelten sich am vergangenen Mittwoch 46 Schüler*innen der siebten Klasse mit ihren Lehrern. Gespannt, interessiert und aufmerksam folgten sie den Videoantworten aus Deutschland und erfuhren mehr über die Vegetation, das Wetter und die Sehenswürdigkeiten in Münster. Besonders gestaunt haben die Kinder über die 120 Lehrer*innen am Annette Gymnasium, denn die knapp 600 Schüler*innen in St. Mauritz werden von nur 20 Lehrer*innen unterrichtet.
Fazit des Projektes: Kulturaustausch funktioniert auch über 6000km Entfernung!