Ein herzliches „Hallo!“ aus Uganda.
Hier ist mal wieder viel Interessantes passiert und das möchte ich natürlich gerne mit euch teilen. Joa… wo fange ich denn mal am besten an. Ich denke ich starte erstmal mit den „langweiligen“ alltäglichen Sachen.
Bei der Arbeit sind wir im Moment, auf Grund von Krankheitsgründen, etwas unterbesetzt. Da ich aber den ganzen April über jeden Tag außerhalb des Health Centers bin und Kinder in Schulen impfe bzw. ihnen eine kleine Gesundheitsaufklärung gebe, bekomme ich den Stress dann nicht so mit. Wobei das impfen jetzt auch nicht unbedingt unstressig ist.
Der Stresslevel hängt ungemein vom Alter der Kinder ab. Impfe ich in einem Kindergarten sind die Schreianfälle natürlich vorprogrammiert. Auch wenn die Kindergartenkinder nicht einmal wirklich geimpft werden (also die Nadel zu spüren bekommen), sondern nur Vitamin A-Kapseln und Tabletten gegen Würmer bekommen, so richtig überzeugt sind die meisten von den weißen und roten Kapseln dann doch nicht. Auch die Strategie den Kindern das Ganze als Süßkram zu verkaufen, geht nur bei der Hälfte der Kinder auf. Und von diesen Kindern erntet man dann so manch bösen Blick, wenn festgestellt wurde, dass weder die rote, noch die weiße „Süßigkeit“ lecker war. Das kann ich ja auch ein bisschen verstehen, reingelegt zu werden… ne, das gefällt mir grundsätzlich auch nicht. Neben den totalen Panikattacken und den schnell überzeugbaren Kindern gibt es auch noch meine absolute Lieblingsgruppe (alle Sorten von Kindern sind natürlich süß und unterhaltsam, aber diese ganz besonders). Mein Lieblingsgruppe sind die absolut furchtlosen und „starken“ Kinder.
Erzählt man denen, wofür man heute hier ist, was die Tabletten bewirken und dass sie sich immer schön die Hände waschen sollen, bekommt man schon ganz witzige Antworten. Erstmal, und das ist ganz wichtig, um äußerst cool zu wirken, verschränkt man die Arme und setzt einen lässigen Blick auf. Dann gibt man am besten einen lockeren Spruch von sich… so unter dem Motto: „I don’t fear this thing… noohoo… I don’t fear medicine at all! Others yes, but me NOT AT ALL!“ (die Wirkung wird irgendwie immer leicht durch die piepsige Stimme abgeschwächt). Wenn man dann die Medizin zu sich nimmt und den Mundwinkel nur ganz ganz leicht verzieht, dann hat man es geschafft. Man ist nun offiziell eine coole Socke.
Ein weiterer anstrengender Aspekt bei den Besuchen im Kindergarten ist das mitsingen und mittanzen. Es handelt sich hierbei natürlich um sehr eingängige Texte und sehr simple Choreographien (wenn man das denn so nennen möchte). Aber wenn man dann in jeder Klasse einen neuen „Willkommenssong“ oder einen „ Wir haben uns alle lieb-Song“ singen muss, dann findet man den fünften zwar immer noch süß, aber nicht mehr ganz sooooo süß. Aber es ist natürlich, egal ob man gute Laune oder schlechte Laune hat, ganz herzerwärmend.
Auch ganz niedlich ist der Moment, wenn alle Mädchen aufstehen sollen und dann so ein bis zwei männliche Schlafmützen den Schwung irgendwie mitnehmen und sich nun ungewollt zu den Mädchen zählen dürfen. Aber das passiert selbst in den hohen Klassen der Schulen noch. Was dort aber nicht zu finden ist, sind süße kleine Kinder die auf ihrem Plastikstühlchen eingeschlafen sind und die nun leicht vor sich hin säuseln.
Aber genug zum Kindergarten. Jeder weiß ja eigentlich wie putzig Kinder manchmal sein können.
Die Besuche in den Primary- und Secondary-Schools sind dann nicht mehr ganz so stressig. Aber auch dort findet man so manch eine Herausforderung und auch die ein oder andere lustige Situation. Trotz des fortgeschrittenen Alters, klappt das mit dem „Bildet bitte zwei Reihen, eine für Mädchen und eine für Jungs!“ immer noch nicht so einwandfrei. Auch das Schlucken von Anti-Wurm-Tabletten ist manchmal nicht ganz so einfach, denn viel „Patienten“ befinden sich im „Alles ist blöd und ich versuche mal die Mediziner zu veräppeln-Alter“. Entweder man nimmt die Tablette in den Mund und spuckt sie dann wenn keiner hinschaut wieder aus oder man tut so als würde man sie nehmen und lässt sie dann im Ärmel verschwenden. Das klappt natürlich nicht immer und dann guckt die weiße „Ärztin“ einen böse an. Dann versucht man dasselbe Spiel nochmal. Klappt wieder nicht. Dann muss die Tablette wohl oder übel geschluckt werden. Aber es gibt natürlich auch unproblematische Fälle, die darf man nicht einfach untergehen lassen. Ein Stressfaktor den es im Kindergarten nicht gibt, der nun aber hinzukommt, ist das wirkliche Impfen. Nadeln sind selbstverständlich überhaupt nicht gerne gesehen, sorgen aber bei mir überhaupt nicht für Stress. Den Stress haben dann einmal die anderen. Während die Jugendlichen dann „leiden“, habe ich so meinen Spaß. Ein besonders amüsantes Erlebnis hatte ich an einer „Technischen Hochschule“ (so würde man es hier vielleicht nennen). Dort wird hauptsächlich Handwerk gelehrt (Tischlern, Bauen, Landwirtschaft etc.), aber auch theoretische naturwissenschaftliche Fächer können belegt werden.
Auf jeden Fall waren erst die Mädchenklassen dran (die waren natürlich sehr klein) und dann kamen alle Jungs (14 und aufwärts). Allesamt waren sie bereit der weißen und jungen „Ärztin“ zu imponieren und natürlich waren die meisten auch recht muskulös (Handwerk halt). So standen sie dann da. Absolut maskulin. Die Tabletten schlucken ging 1a. Aber dann wurden die Spritzen und der Impfstoff unterm Tisch hervorgeholt und die Augen weiteten sich vor Schreck. Die waren allesamt schlimmer als jedes Kindergartenkind und die eine oder andere Träne floss. War man an der Reihe wurde noch schnell ein Kreuzzeichen gemacht und ein Stoßgebet gen Himmel gesandt, dass man auch bloß nicht stirbt.
Ich darf an dieser Stelle mit Stolz erwähnen, dass alle überlebt haben und die Vitalzeichen allesamt stabil sind.
Leider geht uns langsam der Impfstoff aus, denn die Regierung lässt mit der Lieferung an den Distrikt ein wenig bis sehr auf sich warten. Das ist äußerst ärgerlich, da wir eigentlich bedeutend mehr Leute impfen könnten. Aber naja, da kann man auch nur wenig machen.
Aber vielleicht etwas spannender als meine alltägliche Arbeit, ist mein Besuch des Murchison Falls National Park. Das war natürlich etwas ganz besonderes.
Wir sind morgens schon gegen 4 Uhr aufgebrochen, denn wir wollten wenigstens versuchen ein paar Löwen zu sichten und in den frühen Morgenstunden verstecken die sich noch nicht unter den Sträuchern.
Am Tag zuvor haben wir im Park angerufen, um sicher zu gehen, dass wir pünktlich zur Öffnungszeit am Eingang sind. Der freundlich Angestellte am Telefon, sagte uns: 6 Uhr. Wir waren also pünktlich um 6 Uhr an Ort und Stelle. Und was sagt uns die Nachtwache mit verschlafener Stimme: Wir öffnen erst um 7. Na klasse, da sitzen wir also gemeinschaftlich müde im Auto und warten eine geschlagene Stunde.
Aber ehrlich gesagt, gab es schon einmal schlimmere Wartezeiten. Denn immerhin konnte ich schon einen wunderschönen Sonnenaufgang genießen und sehen wie die ersten Tiere langsam in den Tag starten. Und schon die „simplen“ Gazellen haben mich begeistert, dabei gibt es die wirklich en masse (in diesem Park findet man übrigens 7 unterschiedliche Gazellen). Aber für mich waren die trotzdem unglaublich beeindruckend. Erstmal war einfach das Zusammenspiel von der Graslandschaft und den Tieren so schön und dann sind Gazellen auch etwas wie Hirsche/Rehe. Irgendwie elegant halt.
Als es dann aber wirklich in den Park hinein ging, wurde es natürlich nochmal um Welten besser. Schon relativ am Anfang konnte ich die für mich „wichtigen“ Tiere erblicken: Giraffen und Elefanten. Es war so schön. Nicht nur die Tiere waren einfach prachtvoll, auch die Farben der Umgebung.
Überall typisch afrikanische (wie man sich das halt so vorstellt) Bäume und Sträucher in einem saftigen, intensiven Grün und Drumherum das trockene, hellbraune Gras. All das in einer hügeligen Landschaft mit dem einen oder anderen Wasserloch. Es war halt einfach so unglaublich schön, wie man sich die Klischee-Afrikalandschaft immer vorstellt. Ein weiterer Pluspunkt der Szenerie waren natürlich die natürlichen Gewässer (was gibt es denn bitte schöneres als Wasser???): der Albertsee und dann natürlich der (weiße) Nil! Der Nil ist einfach traumhaft schön und seine Wirkung auf mich wurde durch das Sonnenlicht und das dadurch herbeigeführte Glitzern nicht unbedingt geschmälert.
So fuhren wir also durch die Hitze (es war wirklich unglaublich und unerträglich heiß) immer auf der Suche nach dem König der Tiere, dem Löwen. Aber dieses Glück blieb uns leider verwehrt, was für mich jetzt nicht so tragisch war, da ich es schon ohne Löwen einfach toll fand. Nach unserer Tour warteten wir kurz auf eine „Fähre“ die uns über den Nil bringen sollte, denn auf der anderen Seite des Nils (also im Süden des Parks) lag unsere Unterkunft.
Wir überquerten also einmal flott den Nil, fuhren dann zu unserer Unterkunft und dort haben wir dann erstmal lecker zu Mittag gegessen. Zwischendurch mussten wir unser Essen immer mal wieder gegen Affen verteidigen, die waren nämlich schneller bei einem am Teller, als dass man sich wirklich vorsehen konnte. Um zwei stand dann eine Bootstour mit der Destination „Wasserfälle“ an. Ich habe es einfach nur genossen in der Nähe des Wassers zu sein und die Landschaft war natürlich auch entlang des Nils echt schön. Die Krokodile waren jetzt nicht so meins, aber die Nilpferde dafür umso besser. Wie sie da so in Ihren Schulen im kühlen Nass vor sich hindümpelten, doch… diese schlichte Darbietung hat mich wohl überzeugt. Aber es gab noch eine Darbietung der Natur, die ich mir noch bedeutend länger hätte anschauen können und das war, man kann es ja vielleicht erraten, der Wasserfall (bzw. die Wasserfälle, wobei der kleinere halt nicht ganz so spektakulär ist). Der leichte Wasserdunst in den alles gehüllt war und der sich dann auf der Haut niederlegte, die kleinen grünen Inseln, das donnernde Geräusch der Wassermassen, die Regenbögen und der Geruch… all das hat mich ein wenig verzaubert. Würde ich jetzt einfach nur verzaubert sagen, dann würde sich das ja ein wenig sehr kitschig anhören und das soll es ja nicht… deswegen das „ein wenig“ davor. Wir gehörten dann zu den Leuten, die schon bei der 1. Station ausstiegen, denn wir wollten den Aufstieg zur „Spitze“ des Wasserfalls wagen. Der Weg dort hinauf war… fürchterlich. Es hätte so schön einfach sein können. Es war weder steil, noch war es rutschig, noch waren dort gefährliche Spinnen oder Schlangen unterwegs… aber schlimmer als das alles zusammen: es war einfach zu heiß. Alle Kleider am Körper waren durchnässt und das lag nicht am Wasser, alles klebte und die Wasservorräte waren nach 10 von 30 Minuten aufgebraucht und die Kopfschmerzen kamen bei allen sehr schnell. Ich hatte zusammen mit all den anderen hellhäutigen Personen zusätzlich noch ein weiteres Problem. Die Hellhäutigkeit. Keine Sonnencreme dieser Welt konnte mich in dieser Situation vor einem Sonnenbrand beschützen und ich hatte auch gerade keinen Schirm oder etwas Langärmliges dabei (hätte beides aber auch nicht tragen wollen). Pluspunkte des Aufstiegs waren also: unglaubliche Aussicht, atemberaubende Umgebung, noch näher am Wasser. Minuspunkte: atemberaubende Hitze, Kopf kurz vorm Platzen, Sonnenbrand. Die Pluspunkte haben aber mehr Gewichtung.
Wir fuhren also recht erschöpft zurück zu unserer Herberge, gingen alle einmal duschen und genossen dann den Abend und den Sonnenuntergang mit vielen kühlen Getränken. Das mit dem schlafen in dieser Nacht war allerdings so eine Sache, denn vielleicht habe ich es schon erwähnt, es war einfach zu heiß.
Am nächsten Morgen ging es dann auch schon wieder heimwärts und dort erwartete mich dann eine kleine Überraschung.
Es gibt nun eine Baby-Luzia (zwar mit c, aber das ist auch ok) in Gulu, denn eine Freundin von mir hier vor Ort hat während wir im Park waren doch glatt ihr Baby bekommen und es dann einfach mal nach mir benannt. Der „traditionelle“ Name steht allerdings noch nicht fest, bei Mädchen dauert es meistens 4 Tage bis der Name durch die Mitglieder der Familie festgelegt wird. Aber schon jetzt hat Lucia ziemlich viel Haar auf dem Kopf, es wurde schon herumgescherzt, dass das wohl an dem Namen liegen muss.
Somit also liebste Grüße nach Münster