Da habe ich es gerade geschafft zweimal zu blinzeln und schon ist ein ganzer Monat vorbei. Es ist wirklich schrecklich, wie die Zeit auch dieses Mal gerannt ist. Dass die Zeit so schnell verstrichen ist, liegt natürlich zum Teil auch daran, dass viel passiert ist und viel gearbeitet wurde.
Nachdem wir aus Kampala zurückgekehrt sind, ging es am nächsten Tag natürlich sofort mit der Arbeit weiter und in der Tat konnte ich endlich das Einfolieren beenden. Das musste natürlich gefeiert werden. Wurde es aber ausnahmsweise mal nicht, denn Fr. Cyprian und ich hatten uns durch die Klimaanlage des Autos beide eine ganz traumhafte Erkältung zugezogen, sodass St. Mauritz gedacht haben muss, wir hätten uns nun hauseigene Elefanten angeschafft. Also wurde an diesem Abend nur ganz klassisch der Fernseher angeschaltet und NTV geschaut, was einen durchaus auch amüsieren kann. Denn die Nachrichten in Uganda sind natürlich voll mit vielen Neuigkeiten aus dem Parlament. Zwar sind die Themen eigentlich nicht zum Lachen und lassen einen häufig eher schlucken. Wenn dann aber wieder Szenen aus dem Parlament gezeigt werden, dann kann ich mir manchmal das Grinsen einfach nicht verkneifen und die Ugander auch nicht. Wenn Parlamentarier durch das ganze Gebäude gejagt werden, nur weil sie ein rotes Tuch mit reingeschmuggelt haben und dabei die Nationalhymne singen und es bei den Diskussionen so laut wird, dass „Madame Speaker“ mit ihrer goldenen, kindergartenartigen Glocke nicht mehr für Ruhe sorgen kann und verzweifelt „Order, Order!“ ruft (und ihr die Perücke fast vom Kopf fällt), dann hat das Ganze leider einfach einen leichten Hauch von Komik. Aber wie gesagt, dass Thema ist zurzeit ein sehr kritisches. Es geht um das Presidential Age Limit von 75 Jahren, welches in der Konstitution festgelegt ist. Die Regierungspartei, die NRM, bekam von ihrem Präsidenten Museveni dezent ins Ohr geflüstert, man könnte das Age Limit doch ruhig auch mal entfernen. Hauptsache man kann ein Land lebenslang regieren und lenken und dann am besten weitervererben. Naja… gesagt, getan. Der Gesetzesentwurf steht und jetzt soll abgestimmt werden. Dass die Opposition die Idee nicht ganz so spitze findet, kann man sich ja wohl denken. Somit ist es in den letzten Tagen im Parlament und auch auf den Straßen sehr unruhig gewesen. NGO-Mitarbeiter wurden verhaftet, auf demonstrierende Studenten wurde geschossen, der Lord Mayor von Kampala wurde (während er eine Pro-Age Limit-Rede hielt) vor seinem Haus brutal von der Polizei abgeführt und Besigye wurde, bevor er überhaupt anfangen konnte irgendetwas zu sagen, einfach in seinem Auto abgeschleppt. Eigentlich sollte gestern abgestimmt werden. Die Diskussion verlief allerdings eher stockend. Erst bestand der Verdacht, dass NRM Mitglieder Waffen mit ins Parlament gebracht haben, die Opposition wurde also solange nicht ruhig, bis nicht alle Parlamentarier einmal durchsucht wurden. Irgendwann brach dann ein Faustkampf aus, Stühle wurden geschmissen. Aber auch das legte sich wieder. Als dann aber die Opposition anfing die Nationalhymne zu singen und zu tanzen, da beschloss „Madame Speaker“ (natürlich auch von der NRM), dass es ihr für heute zu viel ist und schloss das Parlament. Man darf also die nächsten Tage weiterhin gespannt bleiben, was so passiert. Es scheint nicht so, als würde die Opposition sich beruhigen.
Es gibt zwar eigentlich noch mehr Interessantes aus politischer und nationaler Sicht, aber ich sollte mal zurück zum eigentlichen Thema kommen: Was ist in St. Mauritz so passiert?
Zusätzlich mit unserer Erkältung, kam auch wieder viel Regen. Ich persönlich liebe den afrikanischen Starkregen, allerdings verzögert er hier einfach viele Prozesse. Unter anderem verhinderte er auch das Fertigwerden meiner Bücherregale, denn man arbeitet hier natürlich draußen und im Regen macht das ja dann keiner gerne. Mittlerweile sind sie allerdings fertig und stehen in der Bücherei. Und nicht nur das. Sie sind natürlich auch mit den Büchern gefüllt. Gemeinsam mit der ersten feststehenden Mitarbeiterin der Bücherei, der lieben Jessica (eine Lehramtsstudentin für Geschichte und Religion), habe ich die Bücher einsortiert, ein paar schöne Poster auf gehangen, Büchereiregeln festgelegt etc. Und jetzt ist endlich alles fertig.
Natürlich bekam ich auch von vielen anderen Hilfe. Unter anderem vom eigens geformten Büchereikomitee, welches ein bisschen auf das Projekt aufpasst. Wer ist da so drin? Meine gute Freundin Innocent, eine Lehrerin unserer Primary School, Dr. Loum, ein Lehrer der Medical School Gulu aus St. Mauritz, Andrew, ein Jurastudent und aktiver Teil der „Youth“ in St. Mauritz und natürlich Jessica. Ich bin wirklich froh, dass sich diese engagierten, lieben Menschen für diese freiwillige Arbeit gefunden haben. Dankeschön!
Heute an meinem letzten Tag, sind wir dann auch endlich nochmal aufgebrochen, um Bücher in der lokalen Sprache, Acholi, zu besorgen. Wir haben die Geschichten bei einer Druckerei in Auftrag gegeben, denn in der Tat ist das günstiger und die „Auswahl“ an Büchern ist größer. Häufig sind in den Läden nämlich nicht viele der traditionellen Geschichten zu finden. Einziges Problem ist nur, dass die Druckerei wahrscheinlich erst zum Ende des Jahres drucken wird, weil sie immer erst Bestellungen sammeln. Aber was soll‘s, das ist halt Uganda. Zum Glück konnte uns aber noch Fr. Sebastian, der zur Zeit Dienstälteste Priester in Gulu und Umgebung, mit einigen seiner selbstgeschriebenen Büchern versorgen. Diese haben häufig etwas mit Traditionen zu tun und werden dann mit Geschichten verknüpft. Themen sind zum Beispiel die traditionellen Namen und der Brauch der „Hexendoktoren“.
Und nicht nur die Bücherei ist fertig geworden, sondern auch das Dach des Krankenhauses ist vollständig beendet worden. Nun muss das ganze ca. 20 Tage trocknen und dann kann mit dem Inneren des Hauses begonnen werden. Fr. Cyprian ist damit eine große Last von den Schultern gefallen und das hat er auch sogleich dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er den wirklich hart schuftenden Arbeitern der Baustelle eine Ziege zum Essen spendiert hat. Somit ist alles pünktlich zu meiner Abreise beendet worden.
Eine Sache nimmt jetzt allerdings erst richtig Fahrt auf: die Vorbereitungen für das große 25jährige Jubiläum im Oktober. Das Ganze wird zwar schon seit Monaten geplant, jetzt geht es allerdings so richtig rund. Abgesehen davon, dass die Leute aus der Umgebung schon ihre ersten Essensspenden in Form von Ziegen, Hühnern und anderen langlebigen Produkten vorbeibringen, werden nun auch Sachen diskutiert, wie die Gestaltung von Bannern, die Notfallplanung, falls es regnen sollte und und und…! Das wird also eine riesige Fete und Cyprian erzählte mir gestern, dass bis zu 3000 Leute erwartet werden. Denn zusätzlich zum Projektjubiläum wird auch noch Bischof Sabinos 60. Geburtstag gefeiert. Ich bin also schon ein klein wenig neidisch auf die glücklichen Gäste im Oktober, diese Sause hätte ich gerne miterlebt.
Heute Abend wird es nochmal ein klein wenig traurig. Ich verabschiede mich heute Abend in gemütlicher Runde von ein paar Freunden hier. Schon letzte Woche ging das verabschieden los -Essen mit Innocents Familie (vor allem mit ihren immer noch zuckersüßen Kindern), ein Besuch bei Kevins Brüdern Simon und Allan und ganz wichtig: ein Besuch bei Kevins restlicher Familie, die mittlerweile etwas außerhalb von Gulu wohnt: in Koch. Wir sind Samstagmorgen auf einem Boda Boda aufgebrochen (damit braucht man ca. 20 Minuten) und als wir ankamen wurde ich natürlich wie immer sehr herzlich begrüßt. Relativ schnell wurde die Sitzmatte ausgerollt, Softdrinks wurden geöffnet und wir stiegen mit in die Essensvorbereitungen ein (Reis sortieren, Kartoffeln schälen etc.). ganz besonders stark beäugt wurde ich von der kleinen Luzia, die ja letztes Jahr während meines Aufenthaltes geboren und dann prompt nach mir benannt wurde. Ich glaube so ganz koscher war ich ihr nicht, aber geweint hat sie zumindest auch nicht. Von ihrer Mutter stark bemängelt wurde der Fakt, dass sie zwar meinen Namen, allerdings nicht mein Haarwachstum angenommen habe. Ich bekam nach dem ausführlichen Essen, dann auch noch eine persönliche Koch-Führung (entlang der diversen Gemüse-, Getreide-, Nussfelder etc.) und wurde dann mit vielen lieben Grüßen und 2 Litern Erdnusspaste im Gepäck entlassen.
Diese lieben Grüße möchte ich euch, liebe Leser, auch noch einmal ausrichten. Ich werde jetzt meinen Laptop schließen und den letzten Abend genießen. Ich hoffe stark, dass ich 2018 in meinen Früjahrssemesterferien wieder für einen Monat kommen und dann auch wieder berichten kann.
Also: Apwoyo matek!