Safari – fast jeder in Deutschland kennt die Bedeutung einer Safari. Wilde Tiere, weite Savanne, vereinzelte Bäume unter denen sich Löwen, Antilopen und Büffel ausruhen. Wir kennen die Bilder sehr genau, unabhängig davon ob man schon in Afrika gewesen ist oder die zahlreichen Tierdokumentationen im Fernsehen verfolgt hat.
Die Ugander benutzen das Wort Safari in seiner eigentlichen Bedeutung. Wenn ein Ugander sich auf eine Safari begibt, unternimmt er eine Reise. Dabei können das Ziel und der Zweck der Reise völlig unterschiedlichen Ursprungs sein. Die Diskrepanz zwischen der europäischen und afrikanischen Bedeutung des Begriffs „Safari“ wird erst dann deutlich, wenn man weiß, dass ein Großteil der Menschen in Uganda noch nie eine Safari nach der europäischen Definition unternommen hat.
Um Klartext zu sprechen: Die meisten Ugander waren noch nie in ihrem Leben in einem Nationalpark. Die wilden Tiere, die in unseren Köpfen das Bild des afrikanischen Kontinents prägen, sind auch für die einheimische Bevölkerung etwas ganz besonderes. Aus diesem Grund hat sich die Uganda – Hilfe St. Mauritz dazu entschieden, den Absolventen der Primary School einen Tag im naheliegenden Murchison Falls Nationalpark zu schenken.
Der Murchison Falls Nationalpark liegt im Nordwesten Ugandas, etwa 80 Kilometer westlich von Gulu. Er ist der größte ugandische Nationalpark und wird durch den Nil in zwei Hälften geteilt. In mitten des Parks verjüngt sich der längste Fluss der Welt von einer Breite von 300 Meter auf eine Breite von sieben Metern und stürzt dabei 43 Meter tosend in die Tiefe. Nördlich des Nils bestimmt die Savanne das Landschaftsbild, während der südliche Sektor des Nationalparks stark bewaldet ist. Für unseren Game-Drive – so wird eine Entdeckungstour in Nationalparks genannt – wählten wir den tierreichen Nordsektor des Parks.
Als die Sonne noch nicht am Horizont zu erahnen war, versammelten sich 52 Kinder der Primary School, zehn Lehrer, zwei Schwestern und wir, die beiden deutschen Freiwilligen, in der St. Mauritz Gemeinde in Obiya Palaro. Ein großer Bus stand bereit und wurde in Windeseile mit Getränken und Essen gefüllt. Als der Bus bis auf den letzten Platz besetzt war, begann für 66 Insassen um kurz nach fünf Uhr Ortszeit die erste Safari ihres Lebens. Bereits einige Meter vor dem Eingangstor des Nationalparks schreckten ein paar Klippspringer auf, als der Bus vorbeirauschte. Klippspringer sind kleine Paarhufer aus der Gruppe der Antilopen. Nachdem die Registrierung abgehakt war, ging es mit dem Bus in den Nationalpark. Zu unserer Verwunderung entdeckten wir bereits nach wenigen hundert Metern große Gruppen des Uganda-Kobs. Schnell wurde uns klar, dass der Park einen großen Bestand an Warzenschweine, sämtlichen Hornträgern und Uganda-Kobs aufweist. Über Stock und Stein ging es durch die Savanne, als plötzlich ein Aufschrei die Insassen in absolute Hektik versetzte. Auf der in Fahrtrichtung rechten Seite standen plötzlich drei Rothschildgiraffen auf offener Fläche – ein imposanter Anblick, die bis zu sieben Meter hohen Tiere in freier Wildbahn zu sehen. Sämtliche Kinder versammelten sich auf der rechten Seite des Busses und drückten die Nase gegen die Scheibe, wenn das Fenster nicht bereits geöffnet war. Während des Game Drives wurden immer neue Tierarten entdeckt. Die leuchtenden Kinderaugen hielten Ausschau nach jeder kleinsten Bewegung, immer auf der Suche nach neuen wilde Tieren. Neben zahlreichen Kuhantilopen und Wasserböcken wurde sogar der hier als selten geltenden Große Kudu gesichtet. Die wunderschön geschwungenen Hörner aller im Nationalpark vorkommenden Paarhufer hinterließen einen bleibenden Eindruck. Besonders große Begeisterung herrschte, als sich beim Passieren des Busses eine Herde Kaffernbüffel erhob und in Bewegung setzte. Die Erde vibrierte, als die massiven Tiere das Weite suchten. Ein weiteres Highlight der Tour war die Sichtung von Elefanten, die auf der Suche nach dem nächsten Wasserloch, erhaben durch die Landschaft streiften. Angekommen am Nil setzten wir samt Bus über und machten uns auf den Weg zum höchsten Punkt der Murchison Falls. Als wir am Parkplatz einen kurzen Blick auf die gewaltigen Murchison Falls erhaschten und zu Mittag aßen, mussten wir leider aufgrund eines Defekts des linken Vorderreifens umkehren. Auf dem Rückweg durch den Südsektor des Parks sahen wir schließlich die ersten Paviane. Ein weiterer Game-Drive im Nordsektor brachte uns schlussendlich wieder zum Ausgang des Parks.
Der Nationalpark zeigte sich da noch einmal von einer anderen Seite, als wir an einem Wasserloch große Vögel wie den Goliathreier und den Schreiseeadler auf der Jagd erblickten. Danach fuhren wir auf dem Highway zurück nach Obiya Palaro.
Dieser Tag hat bei allen Beteiligten einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wir wünschen den Kindern, dass sie auch zukünftig diesen wunderbaren Park besuchen können.