Hallo alle miteinander!
Ich weiß, ich habe lange nichts von mir hören lassen und so schwer es mir fällt es zu sagen: Ich bin wieder zurück in der Heimat.
Da ich jetzt eine wundervolle Internetverbindung habe, habe ich mich jetzt nochmal für einen letzten Bericht hingesetzt.
Also wenn ich es jetzt einfach ausdrücken müsste: In meinem letzten Monat ist gar nicht sooo unglaublich viel passiert. Alles ist irgendwie richtig alltäglich geworden. Das meine ich aber überhaupt nicht negativ. Alltag bedeutet, finde ich zumindest, ja auch irgendwie ein bisschen, dass man sich geborgen fühlt. Und genau das ist passiert. Also ich habe mich dort immer willkommen gefühlt, aber im letzten Monat ist in mir das Gefühl entstanden, dass ich hier eine zweite Heimat gefunden habe. Es ist nun ein Ort, an dem ich ausgeglichen und zufrieden bin. Es ist viel mehr als ein Reiseziel für mich, wo ich Erfahrungen machen möchte, sondern ein Ort, wo ich auch viele Freunde gefunden habe, die ich nicht mehr missen möchte. Wenn ich also jeden Morgen einfach aufgewacht bin und einen kurzen Spaziergang gemacht habe – einfach um die Morgensonne zu spüren – und dann gefrühstückt und gearbeitet habe, dann ist das bei weitem nichts Negatives. Dieses Land macht mich auch ohne super tolle Nationalparkausflüge glücklich.
Aber jetzt ist es ja erstmal genug mit Glücksgefühlbekundungen.
Ein bisschen was ist ja schon passiert.
Ein wichtiger Teil des letzten Monats war meine kurze Reise in den Südwesten Ugandas. Hauptsächlich lässt sich diese Reise durch unfassbar viele Stunden im Auto beschreiben, aber durch die Fenster sieht man ja auch schon viel. Anlass zu dieser Reise hat uns eine kleine aber wichtige Maschine gegeben. Denn wir haben die Möglichkeit bekommen, eine CD4-Count Maschine für unser Health Center aus Ibanda abzuholen. Wer jetzt nicht so wirklich weiß, was das ist: Kein Problem! Man kann ja heutzutage flott googeln. Dann muss ich das hier im Text jetzt nicht erklären. So viel sei schon einmal gesagt: Diese Maschine ist für HIV-Patienten und unser Health Centre sehr wichtig. Wir sind also an einem Sonntagnachmittag erstmal nur nach Kampala aufgebrochen. Die ganze Strecke wäre zu lang gewesen und die Straße ist noch nicht ganz so schön ausgebaut wie manch andere. Wir sind dann so gegen 22 Uhr in Kampala angekommen (unsere Unterkunft war das Bischofshaus in Luzira) und da wäre ich doch glatt vom Glauben abgefallen. Was sehe ich da im Schrank? Nutella und richtige, so richtige Butter. Diese Kostbarkeiten am nächsten Morgen zu genießen wurde mir aber nicht gewährt, da wir um viertel vor 6 schon Richtung Ibanda aufgebrochen sind, um dem fürchterlichen Verkehr bzw. Dauerstau in Kampala zu entgehen. Aber Pustekuchen! Der Stau hat uns trotzdem schon erwartet und somit haben wir Kampala dann doch erst um kurz nach 7 verlassen.
Was soll ich zu meinen ersten Eindrücken über den Südwesten sagen? Erst einmal vorab: Ich bevorzuge den Norden!
Also dort ist es bergig und hügelig zugleich (hört sich jetzt irgendwie blöd an, aber auf einem Berg befinden sich halt mehrere Hügel). Und überall sieht man immer nur Bananenplantagen und Kühe – viele, viele Kühe. Und manchmal sieht man dann auf der Spitze eines Hügels oder Berges eine einsame, traumhafte Villa stehen. Immer und immer wieder sieht man diese schönen Häuser, die so alleine und verlassen dastehen, wie das Männlein im Walde. Das kam mir schon ein wenig mysteriös vor. Aber was noch viel mysteriöser war, das waren die verlassenen Dörfer. Kamen wir in ein Dorf, so sah ich zwar viele Läden… doch immer waren die verschlossen. Meine Fragen waren also die folgenden:
- Was haben diese Villen auf den Bergen zu suchen?
- Wieso baut man Läden und Häuser, wenn aber nirgendwo Menschen sind?
Ja nun… die Antworten auf meine Fragen wurden alle von Fr. Cyprian in nur einem Wort beantwortet: „Museveni.“ (Das ist der Präsident Ugandas)
Da wir uns im Distrikt von Museveni befanden, wurde mir also mitgeteilt, dass ich mich nicht wundern sollte, wenn hier manches etwas anders läuft. Die einsamen Villen wurden, laut Fr. Cyprian, von Museveni für seine Verwandten und treuen Unterstützer gebaut. Und die Städte bzw. Dörfer sind anscheinend so leer, weil auf einmal sehr viele Leute aus diesem Distrikt eine Anstellung bei der Regierung bekommen haben und deswegen jetzt halt nicht mehr in ihren alten Läden arbeiten. Naja… was man dazu sagen soll, weiß ich nicht so recht. Manchmal ist es auch ganz weise einfach zu schweigen. Auch die Menschen sind teilweise etwas verschlossen, aber das ist natürlich auch nur mein kurzer Eindruck.
Irgendwann gegen Mittag sind wir dann endlich in Ibanda angekommen und dort haben wir uns dann mit Elvira Pöhland und Fr. Peregrine Ntsinda getroffen. Wir haben lecker gegessen, viel geredet (Fr. Cp und Fr. Ntsinda kannten sich übrigens bereits aus dem Priesterseminar, irgendwie kennen sich hier alle Priester untereinander) und natürlich haben wir auch die CD4 Count Maschine bekommen. Fr. Ntsinda ist übrigens auch ein sehr amüsanter Zeitgenosse. Er hat gerade sein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen, weswegen er übrigens von seinem Bischof suspendiert wurde (lange Geschichte, manchmal bzw. äußerst häufig läuft in der katholischen Kirche einfach etwas falsch) und er ist ausgesprochen redselig und die Worte kommen auch unglaublich schnell aus ihm heraus. Somit ging die Zeit äußerst schnell vorbei und zum Ende hin kam noch ein weiterer Freund der beiden aus dem Priesterseminar dazu. Dieser war schon öfter in Amerika und jetzt spricht er auch wie ein Amerikaner, mit diesem fürchterlichen Ich bin ein Cowboy und muss möglichst gedrückt reden – Slang. Aber überhaupt ist auch sein ganzes Auftreten einfach lustig. Sein Spitzname ist Bums und an diesem Tag fuhr er in einem etwas schnelleren Auto vor. Er trug Flip Flops, eine grüne Hose, ein Hemd mit Leopardenprint und eine Sonnenbrille und zusätzlich ist er echt winzig. Man kann es also einfach als einen sehr lustigen und gelungenen Nachmittag beschreiben.
Aber in Ibanda sollte unsere Reise durch den Südwesten allerdings noch nicht enden. Von Ibanda aus fuhren wir nämlich noch nach Mbarara. Dort wollten wir einen weiteren Priesterkumpel aus dem Priesterseminar von Fr. Cyprian, Fr. Paul, treffen und wir wollten dort auch die Nacht verbringen. Der Weg dorthin war auf jeden Fall schon einmal unglaublich lustig und mit guter Laune versetzt. Nach ein paar Stündchen kamen wir dann in Mbarara und somit auch bei Fr. Paul an. Wir hatten einen gemütlichen Abend mit einem sehr schönen Sonnenuntergang und leckerem Essen. Da wir aber leider nicht so richtig lange in St. Mauritz fehlen konnten, mussten wir schon am nächsten Morgen um 9 Uhr aufbrechen. Wir fuhren wieder nach Kampala zurück, aßen dort zu Mittag und fuhren dann direkt nach Gulu.
Joa, das war die Reise in den Südwesten. Ich war zwar nur kurz da, aber wie schon oben erwähnt… der Norden ist mir lieber.
Bevor es mir wieder entfällt. Ich habe jetzt auch Ameisen gegessen. Und wie war das so? Joa, es war- okeeee. Ich habe eine Kugelvariante probieren dürfen: Zuerst zermalmt man die Ameisen weitestgehend, dann brät man sie an und dann formt man eine Kugel daraus und kocht sie noch ein wenig in einer Soße. Der Geschmack dieser Kugel war recht würzig. Ich denke was mich am meisten gestört hat, war, dass man halt Teile der Ameisen noch erkennen und teilweise auch im Mund noch fühlen konnte. Das Problem ist also weniger der Geschmack, als die Erscheinung. Soviel also dazu.
Meine Arbeit im Health Center war zum Schluss etwas „einseitig“, denn es gabt fast nur eine Krankheit: Malaria. Morgens, Mittags, Abends… die Patienten kamen ohne Unterbrechung. Manche kamen sehr früh, viele aber auch reichlich spät: Erwachsene am Rande der Erschöpfung und ohnmächtige Kinder waren keine Ausnahme. Eigentlich hätten wir uns den Malariatest oder das Warten auf das Ergebnis häufig sparen können, aber das macht man natürlich nicht. Und wirklich fast jeder hatte Malaria (zumindest in meinem Umfeld). Die Bauarbeiter, die Mitarbeiter im Health Center, teilweise ganze Schulklassen (bis auf 2-3 Schüler), Priester… .
Ich sage nur: Gut, dass ich eine Prophylaxe hatte. Denn die Mücken dort lieben mich. Natürlich wurde ich in der Nacht verschont, denn ich schlafe dort ja unter einem Netz. Aber tagsüber haben sie doppelt und dreifach zugeschlagen. Um all meine Abwehrtricks haben die sich einen feuchten Kehricht geschert. Egal ob Fuß, Bein, Arm, Gesicht… irgendwo findet sich ja immer eine Stelle. Aber ich möchte natürlich nicht jammern, denn es gibt ja Schlimmeres als Dauerjucken und Dauerkratzen und ich möchte trotzdem immer wieder zurückkommen.
Ich war in den letzten Tagen natürlich auch ausführlich afrikanisch shoppen und ich besitze jetzt viele Paare afrikanischer Flipflops (da bin ich wirklich ein ganz großer Fan von), eine afrikanische Sitzmatte und viel Kleidung. Denn eine Freundin von mir, Sarai, wollte mir noch unbedingt ganz viele Anziehsachen nähen. Deswegen habe ich schönen afrikanischen Stoff gekauft und jetzt gibt es noch ein paar bunte Teile in meinem deutschen Kleiderschrank. Eigentlich hätte ich ja auch gerne viele Lebensmittel mit nach Deutschland genommen. Also dass die Ameisen dort geblieben sind, ok… da kann ich mit leben. Aber all die Mangos, Bananen, Papayas und vor allem die Avocados, die Passionsfrüchte und das Zuckerrohr… doch, da hätte ich eigentlich schon gerne einen Jahresvorrat mitgebracht.
Aber das ging natürlich nicht. Somit musste ich bei meinem ersten Supermarktbesuch in Münster ganz stark sein. Ich stand vor der Obstabteilung und war, zumindest gefühlt, den Tränen nah. Schrumpelige Mangos, winzige Avocados, ungemein überteuerte Passionsfrüchte, winzige Papayas (die witzigerweise hier als XXL-Papayas betitelt werden) und nirgendswo mein geliebtes Zuckerrohr. Na wenigstens ist Erdbeerzeit. Das hat den totalen Nervenzusammenbruch noch gerade so verhindert.
Aber nochmal zurück nach Uganda.
Ich habe die letzten zwei Wochen sehr intensiv genossen. Ich hatte noch mehr Spaß mit meinen Freunden als sonst und sogar die Sonne hat mich in dieser Zeit überhaupt nicht gestört. Und dann rückten die letzten Tage einfach rasant näher.
Fr. Cyprian und ich düsten auch ein wenig durch die Gegend um Sachen für das Projekt zu organisieren und Preise zu vergleichen.
Preise wofür? Joa, wir haben einen neuen Traum: Eine Bücherei in Obiya Palaro. Fr. Cyprian und ich saßen mal abends zusammen und wir hatten zuvor eine Bücherei in einer anderen Gemeinde gesehen und da ich persönlich Bücher und Geschichten einfach liebe, habe ich gesagt. „ Wie wäre es denn eigentlich wenn…?“ Und so kam es nun dazu, dass wir wie die Irren private Büchereien von Schulen angeschaut haben, uns ein „Innendesign“ überlegt haben und überall Materialkosten verglichen haben. Das hat alles irgendwie noch schnelllebiger gemacht.
Auch die Entwicklungen des Krankenhausbaus waren irgendwie rasant. Kaum hat man mal einen Tag nicht hingeschaut… da haben die Bauarbeiter am nächsten Tag schon angefangen die Ziegel aufeinander zu stapeln. Also es geht wirklich flott voran.
Und dann war sie irgendwann da… meine Abschiedsparty. Was soll ich dazu sagen… schon auf der Hälfte meines Aufenthalts wurde getuschelt: „Luzia braucht unbedingt eine Abschiedsparty mit viel Musik, Tanz und Essen. Solche Partys machen ihr doch immer so Spaß.“ Ich habe gar nichts zu meiner Verteidigung zu sagen, ich LIEBE afrikanische Partys und deswegen kam es dann auch so. Nachdem ein paar Reden geschwungen worden waren und ich noch ein Kleid, Fotos und viele Umarmungen bekommen habe, wurde intensiv und lange getanzt.
Dann hatte ich noch einen Tag zum Packen und dann ging es los. Mein Flug ging am Donnerstag und wir sind mittwochs um 3 Uhr morgens losgefahren, denn wir wollten die Straße durch den Osten nehmen. Einfach damit ich dort auch einmal ein bisschen die Landschaft sehe (ich möchte ja gerne nächstes Jahr schon wiederkommen und dann brauche ich ja auch wieder ein paar Ausflugsziele). Und den Osten finde ich landschaftlich auch wirklich schön, zumindest besser als den Südwesten, wobei der Norden mir ja immer noch am allerliebsten ist. Nicht nur die Landschaft ist 1a, auch die Menschen sind spitze.
Kevin ist natürlich auch wieder mitgefahren und wir hatten ein letztes Mal richtig ordentlich Spaß zusammen und dann fiel uns der Abschied am Flughafen so unglaublich schwer. Die Tränchen flossen dann doch und alles war blöd in dem Moment… Ich werde sie einfach besonders stark vermissen bzw. sie fehlt mir schon jetzt total und es ist noch keine Woche vergangen. In dem Moment fielen mir natürlich auch nicht die schönen Dankesworte für sie und Fr. Cyprian ein, die ich mir seit Tagen im Schlaf zurechtgelegt hatte. Aber ich denke bzw. hoffe, dass sie trotzdem gefühlt haben, was ich eigentlich alles sagen wollte.
Ich ging durch die Sicherheitskontrolle, ging traurig zum Check In, dann durch die nächste Sicherheitskontrolle und dann hob das Flugzeug ab, landete in Dubai, ich wartete 10 Stunden, flog wieder los und landete hier in Deutschland (ich hatte übrigens katastrophale Sitznachbarn, aber ist ja jetzt egal).
Und jetzt, taddaaa, bin ich wieder hier. Seit knapp einer Woche. Ich genieße das Essen, ich genieße die geordnete Stadt, die Pünktlichkeit der Menschen und dass meine Lieben aus Deutschland wieder um mich rum sind. Auf der anderen Seite vermisse ich so vieles aus Afrika (ein lachendes und ein weinendes Auge, bla bla bla… ich denke, man kennt es).
Und ganz am Rande, es ist mir wirklich sehr peinlich das zu sagen, ich habe heute Morgen bei den 14 Grad gefroren wie blöd. Mein Körper „vermisst“ also sogar ein wenig bis viel die anderen Temperaturen und dabei bin ich eigentlich eher so der Herbsttyp. Tja, ändert sich bestimmt auch noch.
Abschließend möchte ich jetzt noch einmal sagen:
Dankeschön für alles, was Sie schon für dieses kleine wundervolle Fleckchen Erde getan haben!!! Auch wegen Ihrer langjährigen Unterstützung habe ich jetzt diesen Ort als so toll erlebt, wie er heute nun einmal ist.
Da es mir ein persönliches und großes Herzensanliegen ist, möchte ich Sie an dieser Stelle bitten unser kleines aber feines Büchereiprojekt zu unterstützen.
Diese Bücherei im Herzen von St. Mauritz soll den Leuten in Obiya den Zugang zu Büchern ermöglichen. Für mich ist das wichtigste, dass sich langsam eine Lesekultur entwickelt, denn Bücher und Geschichten sind etwas Wunderbares und auch wenn es vllt. nur ausgedachte Spinnereien sind, trägt das Lesen im Allgemeinen zur Bildung bei und manchmal ist es auch nicht das schlechteste sich in einen anderen Alltag zu lesen. Natürlich soll die Bücherei auch zu Recherchezwecken bzw. als ruhiger Ort zum Lernen dienen. Mein Traum ist es, dass auch die Schule und vor allem der Kindergarten die Bücherei nutzen: Gruppenbesuche zum einfachen durchstöbern oder für Vorleserunden wünsche ich mir sehr, sodass schon die kleinen in Obiya mit Spaß am Lesen groß werden können.
Mithelfen können Sie ganz unkompliziert und schnell auf den Seiten unserer Homepage, klicken sie einfach bei betterplacce.org auf spenden.
Also ein großes Dankeschön und bis bald,
Luzia